Kleine Firmen sind im Vorteil
Bei einer Insolvenz lässt sich Solidarität gezielt erzeugen, sagt Marketingforscher Maximilian Wagner. Für welche Produkte das Prinzip funktioniert und ob sich so eine Firma retten lässt.
Eine Insolvenz wird in der Öffentlichkeit in der Regel als Scheitern wahrgenommen. Wie können Firmen die missliche Lage nutzen, um die Solidarität ihrer Kunden zu gewinnen?
Es gibt Grundbedingungen, damit so etwas gelingt. Vertrauen ist die wichtigste und schwierigste – gerade, wenn gravierende unternehmerische Fehler gemacht wurden. Die Firma sollte außerdem eine emotionale Bindung zu ihren Kunden aufbauen, denn Menschen helfen vor allem aus Affekt – nicht primär aus sachlichen Überlegungen heraus.
Wie genau schaffen Unternehmer das?
Am besten über persönlichen Kontakt, etwa bei einem Stadtfest. Aber auch soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Youtube lassen sich nutzen, um Emotionen zu wecken. Besonders Bilder und Videos bringen Geschichten oft besser rüber als lange Mitteilungen auf der Firmenhomepage. Kleine Unternehmen haben hier einen Vorteil, weil sie nicht so anonym sind wie große Konzerne.
Hängt die Kundenbetroffenheit nicht auch stark vom Produkt ab?
Klar ist es für Firmen, die „verbrauchernahe“ Produkte wie Bier oder Spielzeug herstellen, einfacher, Solidaritätswellen zu erzeugen als für ein Unternehmen, das etwa Industriekleber produziert. Aber auch in solchen Fällen gibt es Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen, indem man Personen in den Vordergrund rückt.
Wen zum Beispiel?
In erster Linie wäre das der Unternehmer selbst, unter Umständen, aber es könnten auch die Mitarbeiter sein, die sich stark mit der in Not geratenen Firma identifizieren. Eine Insolvenz ist eine emotionale, sehr persönliche Angelegenheit. Es ist für Kunden daher wichtig, dem Gang zum Amtsgericht Gesichter zuordnen zu können.
Klingt nach Mitleidstränen. Können die eine Firma wirklich retten?
Natürlich darf das nicht die einzige Maßnahme bleiben. Um eine Insolvenz zu überwinden, braucht es auch ein glaubwürdiges Sanierungskonzept, das zeigt, dass das Unternehmen sich neu aufstellen möchte. Für die Solidaritätswelle selbst ist es jedoch wichtig, dass die Geschäftsführung ihren Unterstützern von Beginn an offen kommuniziert, was mit den Einnahmen aus den Hilfsaktionen geschieht. Und sie sollte sich für die Unterstützung bedanken, etwa mit einer Feier oder einer Spende an die Gemeinde.