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Wie kann man Streit vermeiden durch gemeinsame Werte

15.04.2016

Eine Familienverfassung hilft Familienunternehmen, Konflikte zu vermeiden. Was in der Familienverfassung geregelt werden kann - und was sie vom Gesellschaftsvertrag unterscheidet.

Bereits vor Jahren haben wir das Instrument der Familienverfassung als Mittel der Streitvermeidung ins Gespräch gebracht und diese dabei mit den Hausgesetzen des Adels verglichen. Die Familienverfassung ist juristisch zunächst eine Absichtserklärung ohne unmittelbare anspruchsbegründende rechtliche Wirkung.

Sie beeinflusst allerdings über den vereinbarten Werte- und Verhaltenskodex mittelbar auch die Auslegung des Gesellschaftsvertrages. Die Familienverfassung wird dann durch den Gesellschaftsvertrag in konkrete und verbindliche Vertragsnormen umgesetzt. Die Familienverfassung bildet sozusagen das Gerüst, auf dem der Gesellschaftsvertrag und die weiteren Verträge der Unternehmerfamilie, soweit diese Bezug zum Familienunternehmen haben, aufgebaut werden.

Die folgende Tabelle stellt die wesentlichen Unterschiede zwischen einer Familienverfassung und dem Gesellschaftsvertrag gegenüber.

Unterschiede zwischen Familienverfassung und Gesellschaftsvertrag

Grundlagen und Werte an der Schnittstelle zwischen Familie und UnternehmenGesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der Unternehmensform

Familienverfassung

Gesellschaftsvertrag

Allgemein verständliche, untechnische Sprache

Juristisch-technische Sprache, die kaufmännisches und juristisches Verständnis voraussetzt

Rechtlich unverbindliche Absichtserklärung

Rechtlich verbindliche Regelungen, Rechte und Pflichten der Gesellschafter

Einstimmige Verabschiedung

Grundsätzlich gilt Mehrheitsprinzip

Rahmenregelung für den grundsätzlichen Umgang der Familienmitglieder untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft

Detaillierte Regelung der einzelnen gesellschaftsvertraglichen Verhältnisse der Beteiligten

Durch nichts kann dem Leser Sinn und Zweck einer Familienverfassung besser verdeutlicht werden als durch nachstehendes Zitat aus der „Familiencharta“ einer bedeutenden deutschen Unternehmerfamilie:

„Wir haben großen Respekt vor der Arbeit und dem Einsatz der vorangegangenen Generationen. Wir wollen die uns mitgegebenen ideellen Werte bewahren und die finanziellen Werte vermehren. Wir stellen uns gerne dieser verantwortungsvollen und gleichzeitig erfüllenden Lebensaufgabe.

Welche konkreten Regelungen sollen in einer Familienverfassung getroffen werden? So gerne wir dem Leser hierzu etwas an die Hand geben möchten, die möglichen Zielvorstellungen der einzelnen Familien und deren Rangordnung sind zu unterschiedlich, als dass eine allgemeine Aussage weiterhelfen würde. Folgende Komplexe werden jedoch häufig angesprochen:

  • die grundlegenden Werte der Familie und die persönlichen Zielsetzungen der einzelnen Familienmitglieder,
  • der Stellenwert des Unternehmens im Rahmen des gesamten Familienvermögens,
  • die Zielsetzung des Familienunternehmens nach grundlegenden Zielgrößen, wie zum Beispiel Rendite und Eigenkapital,
  • die Grundlagen der rechtlichen und organisatorischen Struktur des Unternehmens,
  • grundsätzliche Aussagen über den Kauf und Verkauf von einzelnen Betrieben sowie über den Verkauf des Familienunternehmens im Ganzen,
  • Rechte und Pflichten der Familienmitglieder untereinander,
  • finanzielle Ausstattung und grobe Anforderungsprofile bezüglich der künftig im Unternehmen tätigen Gesellschafter sowie Verfahrensvorschriften bezüglich des Auswahlverfahrens der künftigen Organmitglieder aus der Familie,
  • Rechtsstellung der angeheirateten Ehepartner,
  • Informationsrechte der Familie,
  • eine verfahrensmäßige Regelung zur Ausräumung von Streitigkeiten und schließlich
  • Regelungen zur Durchführung von Familientagen und Bestimmung des für alle (formell) verantwortlichen Familiensprechers.